Algorithmen dürfen nicht über Menschen entscheiden
HR 4.0 ist auf dem Vormarsch. Dieser „Begriffscontainer“ kann allerdings sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
Was unter dem Begriff subsumiert wird, reicht von der digitalen Bewerber- und Mitarbeitermappe über das digital unterstützte HR-Management bis hin zu Systemen künstlicher Intelligenz – kurz: K.I. oder auch (nach engl. „Artificial Intelligence“) A.I. genannt. Wird A.I. in der HR-Arbeit eingesetzt, dann treffen Algorithmen beispielsweise Entscheidungen über die Einstellung von Mitarbeitern oder deren Karriereverlauf.
Sicher: Die Möglichkeiten der A.I. gestützten Systeme sind auf den ersten Blick faszinierend. Doch besteht ein dünner Grat zwischen digitalunterstütztem Fortschritt und digitalunterstütztem Wahnwitz, zwischen großartigen Einsatzmöglichkeiten und dystopischen Szenarien. Es droht eine durch die Algorithmen bestimmte Effizienzmaschinerie, in der der Mensch zum „Fuzzy Factor“ wird – zum „unscharfen Faktor“, der möglichst genau ausgelotet und determiniert werden muss.
Ein Beispiel, wo die Reise gerade hingeht: Die US-Firma Bridgewater Associates ist mit weit mehr als 100 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen der größte Hedgefonds Manager weltweit – und ein Unternehmen, in dem die digitale Transformation schon sehr weit fortgeschritten ist. Dort wird jeder Mitarbeiter gezwungen, eine App namens „Dots“ auf seinem firmeneigenen iPad zu installieren. Im Sinne der totalen Transparenz enthält die Software die Profile aller Mitarbeiter – die nun nach 100 Kategorien mit der App bewertet werden können. Dabei geht es nicht wirklich um die Förderung einer Feedback-Kultur im Unternehmen – was ja wünschenswert wäre. Schon gar nicht geht es um individuelle Kompetenzentwicklung oder die individuelle Unterstützung des Mitarbeiters. Tatsächlich ist das Ziel im Wesentlichen die ständige gegenseitige Bewertung. Daraus nämlich errechnet die Software Ratings und Rankings: Wer steht oben? Wer rutscht in der Performance ab? Und dann: Wer wird aus der Organisation entfernt? Fazit: Was verkauft wird als totales Feedback, ist in Wahrheit die totale Kontrolle mit Hilfe eines (teil-) automatisierten Systems.